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Sattelgurte, Schweifriemen & Vorderzeuge

Funktion, Wirkung & Anwendung

Ganz gleich mit welchem Ausrüstungs-Gegenstand Sie es zu tun haben, überprüfen Sie immer, ob er auch wirkt und wie er genau wirkt. Jedes Pferd ist körperlich und auch von der Beanspruchung her anders einzuordnen als ein anderes. Deshalb gibt es keine Pauschalaussage zur Nutzung von Sattelgurt, Schweifriemen und Vorderzeug. Das Material, die Passform und auch Anwendung ist genauer unter die Lupe zu nehmen und den Bedürfnissen von Reiter*in und Pferd anzupassen. Um Funktion, Wirkung und Anwendung besser zu verstehen, haben wir einige Fakten aufgeführt.

Der Sattelgurt

Funktion

Der Gurt hat den Zweck, den Sattel auf dem Pferd zu fixieren.

• Nicht übergurten:

Dieses Pferd hat eine ungünstige Gurtlage, direkt hinter dem Ellbogen. Hier muss man darauf achten, dass der Gurt nicht scheuert, zu viele Hautfalten wirft oder drückt. Das Lammfell kommt hier vom Pferd weg.Der Gurt dient nicht dazu, den Sattel „am Ort“ zu halten. Die Lage des Sattels auf dem individuellen Pferderücken wird von der Baumform und der Sattelunterlage beeinflusst. Ein rutschender Sattel sollte nicht durch extrem festes Gurten daran gehindert werden. Hier sollte die Ursache des Rutschens geklärt und Lösungen gefunden werden. (siehe auch Einstiegstext oben).

Wird zu fest gegurtet, so wird der Sattel bei einer 7/8 Gurtringposition mit den vorderen Enden der Bars zu fest gegen die darunter liegenden Muskelgruppen, besonders den Trapezmuskel, gepresst. Es kann zu trockene Hautstellen im Schweißbild und sogar zu Satteldruck führen. Manche Sattelgurte haben Ringe aus vernickeltem Eisen, das kann rosten und Scheuerstellen verursachen, Kontrolle und Pflege sind hier wichtig. Zu festes Gurten kann im Pferd auch Gurtzwang entwickeln.

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• Gurtzwang:

Bei dieser Gurtlage, nah am Ellbogen, empfiehlt sich vielleicht ein schmalerer Gurt - hier ein Ledergurt mit breiter Auflage am Brustbein.„Stellt man sich den Rumpf des Pferdes mit seinen verschiedenen Muskelgruppen vor, so hat dessen „Einrahmung“ zwischen Sattel und Gurtung immer dann ein gewisses Potential der Einzwängung, wenn zu plötzlich zu fest angegurtet wird.“, erklärt Osteopathin Rika Kreinberg.

„Zahlreiche Pferde mit Gurtzwang, die mir bei meinen Sattelterminen begegnen belegen, dass dieser Fehler nicht selten ist. Hat ein Pferd sich erst einmal solch eine Verspannungsreaktion angewöhnt, so kann sich das zu einem dauerhaften Verhaltensmuster festigen. Wird jedoch behutsam und in Etappen gegurtet (siehe Artikel hier), so sollte es keine Probleme geben, ganz gleich, welcher Gurt verwendet wird.
ausführlichen Artikel dazu lesen Sie hier.

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• Druckverteilung am Brustbein des Pferdes

Der Sattelgurt liegt auf den Brustmuskeln sowie auf dem Brustbein. Im Regelfall scheint eine breite Auflagefläche des Gurtes auf dem Brustbein als druckverteilender als eine schmalere zu sein.

 

Hier können wir aus den Erfahrungen der Arbeitsreitweisen lernen.

Gurte mit Strängen aus Mohair- oder Alpaca-Wolle beispielsweise haben sich über Generationen bewährt. Sie sind atmungsaktiv, nehmen Schweiß auf und sind leicht zu reinigen. Solche Gurte werden unter dem Bauch des Pferdes breiter und der mittlere Verbindungssteg des Gurtes liegt direkt unter dem Brustbein und verteilt den Druck dort gut. An diesem Mittelsteg sind Ringe für ein Vorderzeuge oder einen Hintergurt angebracht. Der Markt bietet zahlreiche verschiedene Gurte, atmungsaktiv und breit in der Auflage am Brustbein ist bei der Wahl sicher empfehlenswert.

Vorderzeuge – und wann sie nötig sind

Ob Flachland im Norden oder Berge im Süden – Reiten mit einem Vorderzeug am Sattel kann in beiden Regionen sinnvoll sein – je nach Pferd und dessen Nutzung.

 

• Fürs Bergaufreiten – wenig gurten

Das Vorderzeug kann dazu dienen, den Sattel beim Bergaufreiten in anspruchsvollem Gelände daran zu hindern, auf dem Rücken des Pferdes zu weit nach hinten zu rutschen. Mit einem Vorderzeug kann der Reiter den Sattel in angemessenem Druck gurten und ist dennoch sicher vor einem Verrutschen. Der Sattelgurt sollte niemals zu fest gegurtet werden, in der Hoffnung, dass der Sattel dann bergauf besser hält. Verwenden Sie lieber ein funktional gut geformtes, passendes Vorderzeug und übergurten Sie Ihr Pferd nicht.

• Um seitliches Rutschen zu verhindern

Auf breitrückigen, stabilen, barocken Pferdetypen, die einen eher herzförmigen Rücken mit einer Rinne über der Wirbelsäule haben, die kaum Widerrist und eine schwach ausgeprägte Sattellage haben, liegt ein Sattel selten stabil. Schon beim Aufsteigen kommt der Sattel dem Reiter entgegen und auch in der Bewegung, vor allem in Wendungen wo Fliehkräfte herrschen, verrutscht er regelmäßig. Der Sattel kann in höheren Gangarten in Wendungen sogar komplett auf seitlich verrutschen, sodass der Reiter stürzt.

Ein hochgeschnittenes Vorderzeug kann bei solchen Pferden ohne ausgeprägter Sattellange (oft bei Haflinger-typischen alten Pferdetypen zu finden) für eine ruhigere Lage und mehr Sicherheit und risikofreies Reiten sorgen. Eine solche Rückenform kann man nicht verändern. Passt der Sattelbaum gut zum Pferd und rutscht dennoch, bietet ein Vorderzeug eine Lösung des Problems.

Das Vorderzeug sollte so verschnallt sein, dass das Pferd in der Bewegung nicht gestört wird, der Sattel aber in seiner Position bleibt. Dabei auch die Halshaltung zu berücksichtigen.

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Schweifriemen – wann sie hilfreich sein können

Bei Westernsätteln ist die Verwendung von Schweifriemen nicht vorgesehen, es gibt dafür keine Befestigungsmöglichkeit. In den USA werden spezielle Wanderreit- und Trail-Westernsättel für das Reiten in schwierigem Gelände hergestellt. Diese Sättel haben solche Möglichkeiten. Wer bei einem der gängigen Westernsättel dennoch einen Schweifriemen verwenden möchte, der müsste nachträglich beim Sattler dafür eine entsprechende Befestigungsmöglichkeit anbringen lassen.

Die Verwendung eines Schweifriemens ist immer dann angebracht, wenn man regelmäßig in sehr steilem Gelände reitet und ein Pferd mit wenig Widerrist und eine wenig ausgeprägte Sattellage hat. Es müsste zunächst ohne Reiter im Sattel an einen lose angelegten Schweifriemen gewöhnt werden. Erst wenn es nach mehrmaliger Nutzung locker und zufrieden damit läuft, sollte man damit reiten. Trägt das Pferd auch nach angemessener Eingewöhnungsphase beim Reiten die Schweifrübe höher, schwingt nicht mehr und hält sich fest, dann ist die Nutzung eines Schweifriemens (Croupers) bei diesem Pferd zu überdenken. Das sind einige Bespiele, wie man mit der entsprechend funktional richtig angewendeten Ausrüstung Probleme vermeiden kann und bessere Ergebnisse erzielt.

Image by Timothy Eberly
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